Berlin 1945 – Als die Stadt fiel, folgte die Rache: Drei Tage voller Plünderung, Gewalt und Vergeltung durch die Rote Armee .hh
Am 2. Mai 1945 war der Zweite Weltkrieg in Berlin beendet. Die Rote Armee hatte nach erbitterten Kämpfen die deutsche Hauptstadt eingenommen. Was folgte, war nicht Frieden – sondern Chaos. In den ersten zwei bis drei Tagen nach dem Fall der Stadt herrschten Gewalt, Anarchie und Vergeltung. Offiziell hatte niemand in der sowjetischen Führung solche Taten angeordnet, aber ebenso wenig wurden sie unterbunden. Die Straßen gehörten nun den Siegern – und sie forderten ihren Preis.
Vergeltung ohne Grenzen
Für viele sowjetische Soldaten war der Marsch nach Berlin nicht nur ein militärischer Triumph, sondern auch ein persönlicher Akt der Rache. Millionen Sowjetbürger hatten unter dem deutschen Überfall gelitten. Städte wie Stalingrad und Leningrad waren verwüstet, Familien ausgelöscht, unzählige Zivilisten ermordet. Die Parole lautete nun: „Die Faschisten sollen zahlen.“
In dieser Atmosphäre des Hasses und der aufgestauten Wut kam es zu massiven Ausschreitungen. Plünderungen waren an der Tagesordnung – Geschäfte, Wohnungen, selbst Kirchen wurden ausgeraubt. Alkohol wurde in großen Mengen konsumiert, während sich in vielen Vierteln eine weitere, noch düsterere Realität entfaltete: die massenhafte Vergewaltigung deutscher Frauen.
Schweigen, Duldung, Mitwissen
Niemand hatte eine solche „Strafe“ offiziell befohlen, doch ebenso wenig wurde sie verboten. Die sowjetische Führung unter Stalin wusste über das Verhalten der Truppen Bescheid – reagierte jedoch kaum. Manche Generäle äußerten in privaten Berichten Unbehagen, doch öffentlich dominierte das Schweigen. Die Soldaten hatten gelitten, sie hatten gekämpft, nun ließ man ihnen freien Lauf.
Tatsächlich gab es einzelne Versuche, Ordnung wiederherzustellen – etwa durch Militärpolizei oder durch politische Kommissare. Doch diese Maßnahmen kamen zu spät oder wurden nur punktuell umgesetzt. In vielen Berliner Bezirken war der Ausnahmezustand längst Realität geworden.
Die Zahl der Opfer
Schätzungen über die Zahl der vergewaltigten Frauen in Berlin variieren stark. Historiker sprechen von mindestens 100.000 Fällen – einige Quellen gehen sogar von bis zu zwei Millionen betroffenen Frauen in ganz Deutschland aus. Viele Opfer waren jung, manche alt, einige noch Kinder.
Diese Frauen wurden nicht nur körperlich verletzt – viele von ihnen waren für den Rest ihres Lebens traumatisiert. Einige nahmen sich später das Leben, andere lebten in Scham und Schweigen. In der Nachkriegsgesellschaft war kaum Platz für ihr Leid – zu groß war die Scham, zu tief das Schweigen.
Die Rolle der Propaganda
Die sowjetische Propaganda stellte die Rote Armee weiterhin als Befreier dar. Die Berichte über Ausschreitungen wurden unterdrückt oder als Einzelfälle abgetan. In der DDR, wo das Thema politisch besonders sensibel war, herrschte jahrzehntelang ein kollektives Tabu. Erst nach dem Fall der Mauer begannen Historiker und Journalisten, das volle Ausmaß der Verbrechen aufzuarbeiten.
Auch in Russland ist die Thematisierung dieser Ereignisse bis heute schwierig. Die Heldenrolle der Rotarmisten wird weiterhin gepflegt – Kritik gilt schnell als „Verrat an der Geschichte“.
Erinnern statt Verdrängen
Die Verbrechen der Nationalsozialisten sind unumstritten – sie bildeten die Grundlage für das größte Menschheitsverbrechen des 20. Jahrhunderts. Doch das darf nicht dazu führen, die Verbrechen der Sieger zu verschweigen. Geschichte ist niemals nur schwarz oder weiß. Die Wahrheit liegt oft in den Grauzonen, in den unbequemen Kapiteln, über die man nicht gerne spricht.
Das Gedenken an die Opfer von 1945 – egal auf welcher Seite – ist ein Akt der Menschlichkeit. Es bedeutet nicht, die Schuld der einen Seite zu relativieren, sondern den Blick zu öffnen für das gesamte menschliche Leid, das Krieg verursacht.
Fazit
Der Fall Berlins im Mai 1945 war das Ende des nationalsozialistischen Albtraums – aber er bedeutete nicht automatisch den Beginn von Frieden und Gerechtigkeit. Für viele Zivilisten, besonders Frauen, begann mit dem Einmarsch der Roten Armee ein neues Kapitel des Schreckens.
Drei Tage lang herrschte eine „Zeit ohne Gesetz“ – in der Gewalt, Plünderung und Erniedrigung toleriert, ja sogar gerechtfertigt wurden. Die Narben dieser Tage sitzen tief – und sie verdienen es, gesehen und erinnert zu werden.
Die Geschichte gehört nicht nur den Helden. Sie gehört auch den Opfern.